Die Bauchlage

Wer kennt es auch? – Therapeut kommt in den Raum und Klient, erster Termin, streift sich das T-Shirt vom Leib, geht in Position sich in Bauchlage auf die Bank zu legen, schaut einen noch von der Seite an und fragt: „Soll ich mich hinlegen?!“

Ich möchte heute mit euch einmal die Behandlung in Bauchlage überdenken. 

Habt ihr euch in letzter Zeit auf die Bank auf den Bauch gelegt und durch den Nasenschlitz geatmet? 

Es fühlt sich sofort dunkel, Gesicht erdrückend und ausgeliefert an. 

Eigentlich keine optimale Ausgangsposition, um dem Klienten beim ersten Termin klarzumachen, dass nicht nur meine passive Behandlung ausschlaggebend für seinen Therapieerfolg ist, sondern zum größten Teil die gemeinsame Erarbeitung eines guten Plans braucht, um rauszukommen aus dem Beschwerde-Hamsterrad. 

Natürlich wenden wir oft passive Maßnahmen an, gerade in akuten Situationen. Doch spätestens in der 3./4. Behandlungseinheit muss es darum gehen, was kann der Klient selbst dazu beitragen, um von uns unabhängig zu sein und selbst Initiative für die eigene Gesundheit zu ergreifen. Spätestens dann sollte ein aktiver Plan her, der den Klienten befähigt, seinen Gesundheitszustand selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.

Beim ersten Termin beginnen wir mit einem Anamnesegespräch und eine körperliche Befundaufnahme findet statt, welche in Bauchlage nicht sehr aussagekräftig ist, wenn der Klient doch angibt Beschwerden nach längerem Sitzen zu haben!? Außerdem ist es beim ersten Termin wichtig mit dem symptom-geplagten Menschen zu überlegen, welche Faktoren ausschlaggebend für sein Beschwerdebild sein könnten und was es braucht, um das zu ändern. Was ist das Ziel der Therapie für den Klienten?

Therapiemethoden bezüglich Rückenbeschwerden wie Manuelle Therapie, Faszientherapie nach Typhaldos oder auch der Marnitz-Therapie finden viel in Bauchlage statt. Der Klient bekommt das Gefühl, er kann nicht entscheiden, was mit ihm passiert und sofort entsteht eine höhere Grundspannung im Körper. Zudem sind die körperlichen Schmerzen, die durch einige Therapiemethoden verursacht werden auch nicht besonders förderlich ein Bewusstsein für Gesundheit zu schaffen.

Wenn doch noch nicht einmal Manuelle Therapie vom Arzt verordnet wurde, warum legen wir dann Hand an? Wenn Krankengymnastik auf der Verordnung steht, möchte der Arzt, dass der Klient AKTIV selbstbefähigt wird einen Übungsplan im Alltag durchzuführen.

Wenn Manuelle Therapie auf der Verordnung steht, darf der Therapeut ärztlich verordnet seine manuellen Techniken anwenden. Dieser zertifizierte Unterschied zwischen diesen beiden Heilmitteln beträgt 4,24€ (GKV-Sätze) plus ein richtig viel mehr an körperlicher Tätigkeit auf Therapeutenseite. Außerdem wird die Manuelle Therapie sehr häufig vom Klienten als „Massage“ verwechselt und genauso gibt er diese Information weiter an den Arzt. Dieser ist höchstwahrscheinlich verwundert, da das nicht in seinem therapeutischen Sinne war und wird keine weiteren Behandlungen verschreiben.

Durch die manualtherapeutischen Techniken in Bauchlage fordern (und oft überfordern) unsere Gelenke lieber selbst und übernehmen die Verantwortung für den Therapieausgang, als das wir den Klienten selbst befähigen aktiv an seinem „Zustand“ etwas zu ändern!?!

Durch die Behandlung in Bauchlage entsteht ein zu großes Ungleichgewicht von Verantwortlichkeitsverteilung zwischen Therapeut und Klient bezüglich der Einflussnahme auf den Therapieausgang. Es passiert immer wieder, dass der Klient den Therapeuten „beschuldigt“, die Therapie wäre nicht wirksam gewesen… wenn doch „nur“ eine passive Behandlung stattgefunden hat bzw. ein paar Übungen in den 20 Minuten Therapiezeit beübt, diese aber nicht als Plan für den Alltag vermittelt wurden. Der Klient muss in der Behandlung befähigt werden, diese Verantwortung zum größtem Teil selbst zu übernehmen.

Zudem finde ich es ist auch zu überdenken, wann ich meine (ziemlich teuer bezahlten) Kenntnisse der passiven Behandlung einsetze, wann ich mich dann dafür noch rechtlich auf dünnem Eis bewege, mich damit noch über die ärztliche Verordnung hinwegsetze und wann vielleicht die Änderung eines Rezeptes in Manuelle Therapie Sinn macht?

Abschließend und zusammenfassend ist zu sagen, dass eine aktive Therapie den Klienten mehr befähigt Verantwortung für seine Gesundheit zu übernehmen. Eine passive Therapie sollte nur stattfinden, wenn es ärztlich verordnet wurde und ansonsten dürfen wir unsere Daumen schonen.

Die Behandlung in Bauchlage ist zu überdenken in der Physiotherapie – es sei denn, es wurde verordnet oder es finden in Bauchlage aktive Übungen statt. 

In diesem Sinne – schont eure Finger und schafft mehr Verantwortungsgefühl beim Klienten mit Aufklärung über die Hintergründe der Beschwerden!

Ich würde mich freuen, wenn ihr eure Gedanken zu dem Thema mit mir teil.

Herzlichst, Mareike